Story des Monats

November - Dezember 2018


Kapitel 42 einer (möglichst) langen Serie .....
Axel Melhardt Axel Melhardt plaudert:

 
Statt "Story des Monats" kommt die
Groteske des Monats
Donnerstag, den 8.11.2018 – das JAZZLAND erwartet einen tollen Abend mit Duke Heitger – einem der oder sogar dem Besten Trompeter des klassischen Jazz der Gegenwart – mit unseren heißgeliebten
 
Hot Jazz Ambassadors
& Duke Heitger
 
Duke Heitger
Duke Heitger tp
 

19.00 Uhr – bei Thomas, dem Mann beim Eingang, entrichten die ersten Gäste ihren Obolus, darunter eine durchaus fesche, blondierte Dame, die mit ihrem Begleiter aber schon nach wenigen Minuten das Lokal wieder verlässt: "Wir gehen noch etwas essen", sagte sie zu Thomas, "und Sie passen bitte auf unseren Tisch auf, wir haben einen Zettel hingelegt: reserviert für Graf, der ist ein Freund von uns….!"

Gemeint ist hier vermutlich Günther Graf, der Klarinettist der Hot Jazz Ambassadors.

Thomas machte freundlich (aber bestimmt) auf die Spielregeln des JAZZLAND aufmerksam: "Es gibt bei uns keine Reservierungen und zu essen bekommen sie auch bei uns etwas – und zwar sogar sehr feine Sachen!"

Die Dame ignoriert die freundlichen Worte: "Das geht schon, wir haben einen Schal hingelegt!!!!" und rauschte ab.

Das alles versäumten wir, denn meine Tilly und ich kamen erst knapp vor 20 Uhr in unser zweites Wohnzimmer und freuten uns wahnsinnig über einen ganz besonderen Besuch: Tally Schönborn war (unangekündigt wie immer) mit seiner Gattin und einigen Angehörigen seiner Riesenfamilie aus Weyerburg (bei Hollabrunn) nach Wien gereist, um im ehrwürdigen Jazzkeller wieder einmal einen musikalischen Nachfahren seines Idols – Bix Beiderbecke – zu bewundern.

Wenige Minuten vor 21.00 Uhr und daher Sekunden vor Beginn des Konzertes plötzlich eine Riesenaufregung – die eingangs erwähnte Dame war (gesättigt und trotzdem übel gelaunt) wieder im Lokal aufgetaucht und hatte sich vor dem Tisch der Schönborns aufgebaut: "Das wird aber unangenehm werden", pfauchte sie, "Was will der Pöbel hier – Sie sitzen an meinem Tisch, der ist reserviert für Graf."

"Na – dann ist ja alles in Ordnung", kam die unerwartete Antwort. "Hier liegt sogar ein Zettel für mich – reserviert für Graf…. Und wir sind nun einmal die Familie des Graf Schönborn!!!"

Trotz der Pöbelklassifizierung der Dame ließ sich Tally und seine Familie nicht aus der Contenance bringen – eine Eigenschaft, die der Dame vollkommen abging – anstatt sich über den schier aberwitzigen Zufall der zwei Grafs zu delektieren und sich mit einem anderen freien Platz zu begnügen, stürmte sie aus dem Lokal – und erfreute uns noch mit einem klassischen Abgang:

"Hier sieht man mich nie wieder!!!"

Danke – ein sehr passendes Schlußwort!!!

Ob es sich bei besagter Dame samt Begleitung tatsächlich um Freunde von Günther Graf gehandelt hat, konnten wir und Günther Graf nicht mehr eruieren, da diese Gäste bereits verschwunden waren, als die Band auf die Bühne kam....


© Axel Melhardt
Story